Lobkultur

“Stell Dir vor, Du feierst Deinen 60.Geburtstag”, bitte ich Frauen unserer Sisterhood heute morgen. “Du hast Familie und Freunde zu einem festlichen Abend eingeladen. Plötzlich ergreift Deine beste Freundin das Wort und beschreibt, was sie an  Dir so besonders schätzt. Was erzählt sie wohl?

Was für ein Mensch möchtest Du mit 60 oder 70 sein? Auf welche Art von Leben möchtest Du einmal zurückblicken?”

Und schon sind wir mitten im Thema. Die eine bedauert, bis jetzt eigentlich gar keine Freundin zu haben, die einmal eine Lobrede auf sie halten könnte. Eine andere kann beim besten Willen nicht sagen, welche Wirkung sie auf ihre Umgebung hat und was in ihrer Tischrede wohl erwähnenswert wäre.

Wir sparen nicht mit Feedback und wieder einmal wird mir bewußt, wie dringend nötig es ist, ehrliche Rückmeldung und echtes Lob zu erhalten.

“In Deutschland wird traditionell viel Kritik geübt, während es in Amerika eine regelrechte Lobkultur gibt”, schreibt die Psychologin Dr. Christine Altstötter-Gleich, die an der Universität Landau über Perfektionismus forscht.

Eigentlich, nehme ich mir heute vor, muß ich mit dem Loben auch nicht bis zum 60.Geburtstag meiner besten Freundin warten. Und wer ist das eigentlich???

Vier Himbeerblechkuchen und einen Schoko-Split-Kuchen habe ich nach unserem Vormittagstreffen gebacken, für die Familie gekocht, ein Weight-Watcherstreffen gehalten und sogar freundliche Unterhaltung mit meiner Familie gepflegt. Und morgen, beim Kennenlerntag, werden wohl alle Kuchen ratziputz aufgegessen und sämtliche Besucher staunen, wie lecker leichter Kuchen schmecken kann.  Man darf sich auch mal selber loben ;-)